Besonders die deutschen Teilnehmer*innen erwarteten ihn mit Spannung: den Gendertag. Immerhin sollte sich doch so die Gelegenheit ergeben, endlich mehr über die Ansichten über das Thema Gender, über Rollenverteilungen und Stereotype in der Ukraine zu erfahren. Damit die Diskussionen über dieses anspruchsvolle, durchaus kontroverse Thema allerdings nicht zu sehr aus dem Ruder laufen, wurde die Kiewer DAAD-Lektorin Anja Lange eingeladen, die uns durch den ersten Teil des Tages begleitete.
Im obersten Stock der Staatlichen Wissenschaftlichen Korolenko Bibliothek begann unser Tag. Den Anfang machte eine kurze, simpel wirkende Frage: „Bist du gerne eine Frau / ein Mann? Und warum?“. Die Frage war dann doch nicht so einfach, wie anfangs gedacht und schnell begannen die ersten Diskussionen: Habt ihr euch das schonmal gefragt? Ist das nicht eigentlich eine bescheuerte Frag? Seht ihr das anders, weil ihr in anderen Ländern aufgewachsen seid? Im Anschluss beschäftigten wir uns weiter mit der Frage, was denn eigentlich normal ist. An den Beispielen von mehr oder weniger berühmten Menschen, die irgendwie nicht in das binäre System reinpassen, näherten wir uns langsam der Frage nach stereotypen Geschlechterzuschreibungen. Aufgeteilt in Gruppen nach unseren Nationalitäten präsentierten wir, was in unserer nationalen Gesellschaft als typisch männlich und typisch weiblich gesehen wird. Trotz des etwas verkopften Zugang der deutschen Gruppe zeigte sich, dass die Stereotype sich von Land zu Land nun doch nicht allzu sehr unterschieden. Erfreulicherweise betonten eigentlich alle Teilnehmer*innen, dass die vorgestellten Verhaltensweise eben vor allem Klischees waren und sich niemand mit diesen komplett identifizierte. Für weiteren Diskussionen blieb leider keine Zeit, da bereits der nächste Programmpunkt anstand: Das Gendermuseum Charkiw (http://savegendermuseum.com/). Das Museum ist das einzige in Charkiw, der Ukraine, der gesamten ehemaligen Sowjetunion und im Gebiet des damaligen Ostblocks, das sich mit Feminismus und Frauen*Geschichte auseinandersetzt. Ein ziemlich einzigartiger Ort, der leider notorisch unterfinanziert ist und auf nur zwei winzigen Zimmern zugepackt mit Büchern, Kunst, Flyern, und Installationen ist. Von der Stellung der Frau in der Ukraine, über feministische Strömungen in anderen Ländern hin zur Situation von Frauen* während der deutschen Besatzungszeit findet sich hier eigentlich alles. Trotz Aufteilung in zwei Gruppen – eine russischsprachige, eine mit deutscher Übersetzung – blieb viel zu wenig Zeit um allen Ausstellungsstücken, die Aufmerksamkeit die sie verdienten, zukommen zu lassen. Obwohl der Tag schon prallgefüllt war, mussten wir als Gruppe noch weiter. Am Abend spielte die ukrainische Nationalmannschaft im Herrenfußball um die EM-Qualifikation gegen die Türkei. Auch wenn nicht alle Teilnehmer*innen die Fußballbegeisterung der ukrainischen Zusschauer*innen teilten, war dies doch eine spannende und interessante Erfahrung. Die Ukraine gewann übrigens 2:0.
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